Gesichter der Zeit | Faces of Time
Ein eigenwilliges Miteinander. Steam und Punk. Wertloser Dampf also. Wertlos steht für alt, für gebraucht und der Dampf für eine Zeit, in der sich vieles zu bewegen beginnt.
Ein verklärter Blick zurück. Steampunk besinnt sich auf das Fassbare. Dabei ruft er das viktorianische Zeitalter an, die industrielle Revolution, denn er hat seine Wahlheimat in dieser Ära. Er sieht sich als Hommage an die Mechanik. Das Stampfen der Kolben in ihren Zylindern, zischende Ventile. Monströse Maschinen von fraglicher Funktion, die unter ihrer eigenen Gewalt erzittern. Die bedrohliche Faszination konserviert in Fritz Langs Metropolis.
Und am anderen Ende des Spektrums: Winzige, verspielte Zahnräder, kunstvoll zu Uhrwerken verwoben. Ihr Ticken als Klang der Zeit. Oben drauf filigran gearbeitete Ziffernblätter, die dieser Zeit ein Gesicht verleihen.
Es läuft wie geschmiert. Eine Epoche lang. Dann der Stillstand. Den Zahnrädern wird der Zahn gezogen. Das Computerzeitalter erweist sich als Sand im Getriebe. Ein falscher Dampfer, auf dem Einser und Nullen das Kommando übernehmen, Satelliten statt Sextanten navigieren. Die Welt der Bits und Bytes. Außen seelenloses Design, das sich in den verschmierten Displays von Smartphones und Tablets widerspiegelt. Die zweifelhafte Magie der Touchscreens. Man wischt sich um die Welt. Digitalisierte Hast. Der Hochgeschwindigkeitszug fährt eine andere Schiene. Keine Zeit für Kontemplation.
Und nun? Lust auf ein Undo? Steampunk dreht am Rad der Zeit. Er kombiniert den antiquierten Charme der Dampfmaschine mit der Qualität modernen Recyclings. Eine lebenserhaltende Maßnahme und eine Herausforderung. Windmühle versus Drohne. Ein Schaufelrad im Datenstrom. In seinem Miniaturuniversum zerlegt er die Apparatur in ihre Einzelteile und setzt sie neu zusammen. Messing statt Plastik. Kupfer statt Silizium. Stahl statt Fiberglas.
Steampunk stellt die Weichen neu. Er entfacht das Feuer und setzt den Kessel unter Druck. Wasser inside, nicht Intel. Einsteigen, bitte. Der Zug fährt ab. Mit Volldampf zurück aufs richtige Gleis.
© Robert Pucher